Deutlich über 100.000 Jurastudenten
verstopfen derzeit die Universitäten. Die Beschäftigungsperspektiven
werden mal als besorgniserregend bis aussichtslos, mal als
einigermaßen aussichtsreich bezeichnet. Die Zahlen sind
-wie so häufig- wohl keine Entscheidungshilfe. Trotzdem
bleibt die Frage: Warum Jura studieren?
Auf diese Frage haben die Mehrheit der
(Jura-)Studenten einer Universität vor kurzem mit 'Weiß
nicht' geantwortet - ich lasse das mal unüberprüft
so stehen. Überraschend wäre es nicht. Der einfachste
Schluß: es gibt keine Antwort auf die Frage. Sonderlich
überzeugend klingt ein solcher Ansatz jedoch nicht.
Sinnvoll erscheint das Nachdenken über
mögliche Antworten -es werden wohl mehrere möglich
sein- schon: ob das Jurastudium trocken ist, sei zunächst
dahingestellt; ein Sack voll Arbeit ist es in jedem Fall.
Da sich unverhältnismäßiger Druck auf jeden
Jurastudenten, insbesondere und unausweichlich in der Examensvorbereitung,
als Teil des Sackinhalts herausstellen wird, hilft eine sinngebende
Zielvorstellung ungemein, um ebenfalls unausweichliche Durststrecken
zu überwinden.
Das Ziel muß nun nicht unbedingt
schon vor Aufnahme des Studiums festlegen. Schließlich
ist das 'wirkliche' Leben nicht unbedingt darauf ausgelegt,
jeden Abiturienten auf die Vor- und Nachteile der intensiveren
Beschäftigung mit den Rechtswissenschaften hinzuweisen.
Es muß daher jedem gewährt sein, sich ein eigenes
Bild zu machen - durch das Besuchen von Vorlesungen vor Studienbeginn,
aber auch durch das Studieren selbst. Schaden bringt das nicht:
Jura-Scheine der ersten drei Semester benötigt man etwa
für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (zumindest
teilweise) ohnehin. Zudem hat Rechtskenntnis noch niemandem
geschadet.
Ich möchte an dieser Stelle keine
Antworten vorgeben, könnte dies auch gar nicht. Nur ermahnen,
die Sinnfrage nicht völlig zu vernachlässigen. Nur
durch Hinterfragen der eingenen Tätigkeit läßt
sich verhindern, daß der Juristenstand "ein seiner
selbst ungewisses Reservoir der Machtelite wider Willen"
bleibt (so R. Dahrendorf, zitiert nach Wesel, Jur. Weltkunde,
S. 17).
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