Zum 01.01.2002 ist das "Gesetz zur Modernisierung des
Schuldrechts" - beschlossen vom Bundestag am 11.10.2001
- in Kraft getreten. Anlass für die Schuldrechtsreform
ist das Europarecht. Danach war die Bundesrepublik Deutschland
gehalten, insgesamt 3 Richtlinien der Europäischen Union
(EU-Richtlinien) in Deutsches Recht umzusetzen. Diese 3 Richtlinien
betreffen
- den Verkauf beweglicher Sachen von einem Unternehmer an
einen Verbraucher
(Verbrauchsgüterkauf - Richtlinie 1999/44/EG),
- Schleppend zahlende Geschäftspartner (Zahlungsverzug-Richtlinie
2000/35/EG)
- Den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce-Richtlinie
2000/31/EG)
Das "Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts"
nimmt gravierende Eingriffe insbesondere zum Kauf- aber auch
zum Werkvertragsrecht vor. Entsprechend ergeben sich Auswirkungen
gerade auch für das Baugewerbe.
Ausgehend hiervon war die VOB Teil B zu überarbeiten.
Der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss (DVA) hat die
VOB Teil B am 02.05.2002 beschlossen. Die "VOB 2002"
ist bislang - d. h. bis zum 09.09.2002 - allerdings noch nicht
in Kraft getreten.
Im Folgenden sollen die Änderungen des Werkvertragsrechts
nach § 631 ff. BGB durch die Schuldrechtsreform sowie
der "VOB 2002" kurz dargestellt werden.
I.
Die Änderungen, die sich durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz
im Werkvertragsrecht ergeben, beziehen sich im Wesentlichen
auf das Gewährleistungsrecht. Die §§ 633 bis
638 BGB wurden vollständig neu gefasst. Eine Ergänzung
des Werkvertragsrechts um spezielle Normen zum Bauvertrag
hat wiederum nicht stattgefunden.
1. § 632 Abs. 3 BGB (Vergütung eines Kostenvoranschlages)
§ 632 BGB ist ein dritter Absatz hinzugefügt worden.
Danach wird ausdrücklich festgehalten, dass ein Kostenanschlag
im Zweifel nicht zu vergüten ist.
Damit verbunden ist grundsätzlich keine Neuregelung,
da diese Bestimmung ohnehin vorhandene Rechtssprechung umsetzt.
Letztlich dürfen die Auswirkungen auf das Baugewerbe
gering sein.
Falls der Unternehmer für die Erstellung eines Kostenvoranschlages
Geld verlangen will, so sollte er auf jeden Fall - wie schon
früher - ausdrücklich darauf hinweisen.
2. § 633 BGB (Sach- und Rechtsmangel)
Nach § 633 Abs. 1 BGB hat der Unternehmer dem Besteller
das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
Hierin ist eine Konkretisierung des § 631 Abs. 1 BGB
zu sehen, wonach der Unternehmer die Herstellung des versprochenen
Werkes schuldet.
Nach § 633 Abs. 2 BGB ist ein Werk frei von Sachmängeln,
wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit
nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,
a) wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte,
sonst
b) für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine
Beschaffenheit aufweist, die bei
Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller
nach der Art des Werkes
erwarten kann.
Einem Sachmangel steht es gleich wenn der Unternehmer ein
anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer
Menge herstellt.
Haben die Parteien also eine bestimmte Beschaffenheit vereinbart,
so ist vorrangig auf § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB zurückzugreifen.
In einem solchem Fall stellt jede Abweichung von der vereinbarten
Beschaffenheit einen Sachmangel dar. Dieses kann dann von
Bedeutung sein, wenn ein Unternehmer eine Bauwerkleistung
erbringen soll, deren Standart höher ist, als von den
einschlägigen DIN-Normen grundsätzlich vorgeschrieben.
In diesem Fall kann er sich nicht darauf berufen, sein Werk
sei mangelfrei, nur weil es den zu beachtenden DIN-Normen
entspricht.
Bei Abschluss von Bauverträgen ist also genauestens
- wie schon früher - darauf zu achten, welche Leistungsverpflichtungen
hier übernommen werden. Dabei sollte das Augenmerk auch
darauf gelegt werden, ob zumindest zu einzelnen Leistungsbereichen
konkrete technische Vorgaben gemacht werden, die gegebenenfalls
erhöhte Anforderungen stellen.
Der vom Gesetzgeber früher verwandte Begriff der "zugesicherte
Eigenschaften" wurde gestrichen. Praktische Auswirkungen
ergeben sich hieraus jedoch nicht, da die Zusicherung von
Eigenschaften der Vereinbarung über die Beschaffenheit
des Werkes im Regelfall entsprechen dürfte.
Ebenso greift die Sachmängelhaftung ein, wenn ein anderes
als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge
hergestellt wird. Hier ist insbesondere klärungsbedürftig,
wie zu verfahren ist, wenn ein Werk in zu geringer Menge hergestellt
wurde.
Diese Problematik kann sich beispielsweise stellen, wenn
statt 15 Stahlkonstruktionen lediglich 14 Stahlkonstruktionen
geliefert und montiert wurden. Grundsätzlich eröffnet
dann § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB dem Besteller die Möglichkeit,
vom Vertrag zurückzutreten, wenn die Pflichtverletzung
des Unternehmers nicht unerheblich ist.
Hier ist voranzuschicken, dass nach der Schuldrechtsreform
der Begriff "Wandlung" gestrichen und durch den
Begriff "Rücktritt" ersetzt wurde. Liefert
der Unternehmer also zu wenig, so kommt nach dem Gesetzeswortlaut
in Betracht, dass der Besteller des Bauwerkes vom Vertrag
zurücktritt.
Dieses kann aber gerade bei der Abwicklung von Bauverträgen
- wo es um unbewegliche Sachen geht - nicht sinnvoll sein.
Es sollte bei Abschluss von Bauverträgen darauf geachtet
werden, dass eine Rückabwicklung des Vertrages ausgeschlossen
wird.
3. § 634 BGB (Recht des Bestellers bei Mängeln)
Entsprechend den Regelungen zum Kaufrecht (§ 433 ff.
BGB) wird das Werkvertragsrecht um eine Bestimmung ergänzt,
die eine Aufzählung der Rechte des Auftraggebers bei
Mängeln des Werkes und die jeweils anzuwendenden Bestimmungen
enthält. Diesbezüglich wird verwiesen auf die §§
280 ff. BGB sowie die §§ 323 ff. BGB. Die Rechte
des Bestellers bei Mängeln sind wie folgt aufzulisten:
- Nacherfüllung gem. § 635 BGB
- Selbstvornahme und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen
gem. § 637 BGB
- Rücktritt gem. §§ 636, 323, 326 Abs. 5 BGB
- Minderung gem. § 638 BGB
- Schadensersatz gem. §§ 636, 280, 281, 283, 311
a BGB
- Ersatz vergeblicher Aufwendungen gem. § 284 BGB.
a) Nacherfüllung gem. § 635 BGB
Bis zur Abnahme hat der Besteller den Anspruch auf Herstellung
eines mangelfreien Werkes nach § 633 Abs. 1 BGB. Entsprechend
kann er den Anspruch nach § 635 BGB auf Nacherfüllung
schon vor der Abnahme geltend machen.
Nach der Abnahme kann der Besteller zunächst lediglich
den Anspruch auf Nacherfüllung nach § 635 BGB geltend
machen. Er kann erst dann zu einem anderen Rechtsbehelf übergehen,
wenn der Unternehmer nicht innerhalb der ihm gesetzten angemessenen
Frist Nacherfüllung geleistet hat.
Seitens des Unternehmers sollte auf jeden Fall versucht werden,
einen ordnungsgemäßen Zustand des Bauwerkes herzustellen,
wenn der Besteller ihn berechtigterweise hierzu aufgefordert
hat. Selbst wenn Zweifel darüber bestehen sollten, ob
ein Mangel vorliegt oder nicht, ist anzuraten, einen gemeinsamen
Ortstermin abzustimmen und hier eine einvernehmliche Lösung
anzustreben.
b) Selbstvornahme gem. § 637 BGB
Bleibt der Unternehmer des Bauwerkes nach Fristsetzung zur
Beseitigung eines Mangels untätig, so kann der Besteller
den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen
Aufwendungen verlangen.
Diese Vorschrift entspricht im Wesentlichen dem § 633
Abs. 2 und Abs. 3 BGB a. F.
Entsprechend kann der Besteller des Bauwerkes auch den Unternehmer
auf Kostenvorschuss in Anspruch nehmen, d. h. er kann den
für die Mängelbeseitigung voraussichtlichen Betrag
verlangen, ohne bereits selbst einen ordnungsgemäßen
Zustand hergestellt zu haben.
c) Rücktritt gem. §§ 636, 323, 326 Abs. 5
BGB
Wie bereits ausgeführt, ersetzt der Begriff "Rücktritt"
den früher verwandten Begriff der "Wandlung".
Nach § 634 Abs. 1 BGB a. F. kam ein Rücktritt bzw.
eine Wandlung nur dann in Betracht, wenn vorab eine Fristsetzung
und Ablehnungsandrohung ausgesprochen wurde.
Nach den neuen gesetzlichen Regelungen ist dieses nun nicht
mehr erforderlich. Verstreicht die vom Besteller gesetzte
Frist zur Nacherfüllung gem. § 635 BGB, so kann
er bereits den Rücktritt erklären. Der Unternehmer
kann sich also nicht mehr - wie früher - darauf zurückziehen,
ihm stehe noch ein Nachbesserungsrecht zu, weil noch keine
Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ausgesprochen wurde.
Entsprechend kommt bereits der ersten Fristsetzung durch
den Besteller auf Nacherfüllung nach § 635 BGB eine
erhebliche Bedeutung zu. Wie zuvor beschrieben, sollte entsprechend
der Unternehmer sofort tätig werden.
Unabhängig hiervon bleibt anzumerken, dass der Rücktritt
- d. h. die Rückabwicklung des Vertrages - bei Bauverträgen
auch in Gegenwart und Zukunft keine große Bedeutung
beizumessen sein wird.
d) Minderung gem. § 638 BGB
Verstreicht die vom Besteller gesetzte Frist zu Nacherfüllung
nach § 635 BGB, so kann er statt Rücktritt zu erklären
auch Minderung verlangen.
Einer vorangegangenen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung
wie nach § 634 Abs. 1 BGB a. F. bedarf es auch hier nicht.
Bleibt also der Unternehmer eine Bauwerkes trotz Fristsetzung
zur Nacherfüllung nach § 635 BGB untätig, so
kann der Besteller sofort auf Minderung vorgehen. Da dieses
zu vermeiden ist, kann an dieser Stelle nochmals dringendst
angeraten werden, umgehend tätig zu werden, wenn der
Besteller Fristen zur Mängelbeseitigung setzt.
e) Schadensersatz gem. §§ 636 , 280, 281, 283,
311 a BGB
Der Unternehmer verletzt seine vertraglichen Pflichten nach
§ 280 Abs. 1 BGB, wenn er dem Besteller kein mangelfreies
Werk verschafft. Er ist dann nach § 280 Abs. 1 BGB zum
Schadensersatz verpflichtet, es sei denn er hat die Pflichtverletzung
nicht zu vertreten.
Auch hier ist anzumerken, dass der § 634 Abs. 1 BGB
a. F. - wonach vor Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen
eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ausgesprochen werden
musste - nicht mehr gilt. Verstreicht also die vom Besteller
gesetzte Frist zur Nacherfüllung nach § 635 BGB,
so kann er ohne weiteres direkt auf Schadensersatz übergehen.
Insgesamt ist anzumerken, dass es nun nach neuem Recht noch
wichtiger ist, sofort bei Mängelrügen des Bestellers
tätig zu werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass er
direkt weitere Gewährleistungsrechte geltend macht und
den Unternehmer darauf verweist, er haben sein Recht auf Nacherfüllung
nach § 635 BGB verloren.
4. § 634 a BGB (Verjährung der Mängelansprüche)
Die Verjährungsfrist für Arbeiten an einem Bauwerk
beträgt nach § 634 a Nr. 2 BGB nach wie vor 5 Jahre.
Für Bauunternehmer ergeben sich hierauf bezogen keine
Änderungen.
Mitzuteilen ist jedoch, dass nach § 634 a Nr. 3 BGB
im Übrigen die regelmäßige Verjährungsfrist
nach § 195 BGB von drei Jahren gilt. Diese Verjährungsfrist
ist einschlägig, wenn zum Beispiel Gutachten angefertigt
werden.
Somit haftet ein Sachverständiger für sein Gutachten
- falls er privat beauftragt wurde - immerhin drei Jahre.
5. Sonstiges
Unerfreulicherweise wurde im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung
das Werkvertragsrecht der §§ 631 ff. BGB nicht derartig
einschneidend verändert, dass auch spezielle Normen für
das Bauvertragsrecht aufgenommen worden wären.
Hier ist eine Säumnis des Gesetzgebers zu erkennen,
was nichts daran ändert, dass nun mit den aktuellen Gesetzen
umzugehen ist.
Früher hatte der Unternehmer grundsätzlich solange
ein Recht zur Nachbesserung, bis der Besteller eine Fristsetzung
mit Ablehnungsandrohung nach § 634 Abs. 1 BGB a. F. ausgesprochen
hatte. Nachdem diese Vorschrift gestrichen wurde, gilt dieses
nicht mehr.
Es ist daher von größter Bedeutung, wie der Unternehmer
bereits mit dem ersten fristsetzenden Schreiben des Bestellers
auf Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes
bzw. Beseitigung eines Mangels umgeht. Unternimmt der Unternehmer
hier nichts, so läuft er Gefahr, dass der Besteller direkt
auf Minderung oder Schadensersatz übergeht und darauf
verweist, ein Nachbesserungsrecht bestehe nicht mehr.
Daneben verweist das Gesetz nunmehr für Schadensersatz
und Rücktritt auf die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts.
Hieraus resultiert im ersten Blick eine Verkomplizierung der
rechtlichen Materie. Bei Durchsicht der einschlägigen
Vorschriften ergibt sich jedoch, dass dieses erfreulicherweise
nicht der Fall ist.
II.
Im Nachgang zu Schuldrechtsmodernisierung war auch die VOB
Teil B zu aktualisieren. Dieses ist mit Beschluss des DVA
vom 02.05.2002 auch geschehen. Es bleibt abzuwarten, zu welchem
Zeitpunkt die "VOB 2002" auch tatsächlich in
Kraft tritt.
Bei der "VOB 2000" war es so, dass diese zum 30.06.2000
im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, jedoch erst zum
01.02.2001 in Kraft getreten ist.
Es sollen im Folgenden nur die markanten Änderungen
der "VOB 2002" dargestellt werden.
1. § 13 Nr. 1 VOB/B (Mängelansprüche)
§ 13 Nr. 1 VOB/B wurde nunmehr der neuen Regelung des
§ 633 BGB angepasst. § 13 Nr. 1 VOB/B lautete:
Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber seine Leistung zum
Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen.
Die Leistung ist zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln,
wenn Sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten
Regeln der Technik entspricht. Ist die Beschaffenheit nicht
vereinbart, so ist die Leistung zur Zeit der Abnahme frei
von Sachmängeln,
a) wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte,
sonst
b) für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine
Beschaffenheit aufweist,
die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der
Auftraggeber nach der
Art der Leistung erwarten kann.
Hier ist auf die vorstehenden Ausführungen des §
633 BGB zu verweisen. Anzumerken ist, dass der bisherige Begriff
"Gewährleistung" aufgegeben und durch "Mängelansprüche"
ersetzt wurde.
2. § 13 Nr. 4 VOB/B (Gewährleistungsfrist)
Die Gewährleistungsfrist nach § 13 Nr. 4 VOB/B
hat eine - geradezu dramatische Verlängerung erfahren.
Ist für die Mängelansprüche ausdrücklich
keine Verjährungsfrist im Vertrag vereinbart worden,
so beträgt sie für Bauwerke 4 Jahre, für Arbeiten
an einem Grundstück und für die vom Feuer berührten
Teile von Feuerungsanlagen 2 Jahre. Abweichend von Satz 1
beträgt die Verjährungsfrist für feuerberührte
und abgasdämmende Teile von industriellen Feuerungsanlagen
1 Jahr. Bei maschinellen und elektrotechnischen/ elektronischen
Anlagen oder Teilen davon, bei denen die Wartung Einfluss
auf die Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat, beträgt
die Verjährungsfrist für die Mängelansprüche
abweichend von Absatz 1 2 Jahre, wenn der Auftraggeber sich
dafür entschieden hat, dem Auftragnehmer die Wartung
für die Dauer der Verjährungsfrist nicht zu übertragen.
Beträgt die Gewährleistungsfrist nach § 13
Nr. 4 VOB/B 2000 noch zwei Jahre, so wurde diese für
Arbeiten an einem Bauwerk auf immerhin 4 Jahre verlängert.
Dieses ist grundsätzlich noch nicht sonderlich bemerkenswert,
da in der Praxis fast durchgängig in Bauverträgen
zumindest die gesetzliche Gewährleistungsfrist von 5
Jahren vereinbart wird.
3. § 13 Nr. 5 Abs. 1 Sätze 2, 3 VOB/B (Neubeginn
der Verjährung)
Nach dieser Vorschrift verjährt der Anspruch auf Beseitigung
der gerügten Mängel in 2 Jahren, gerechnet vom Zugang
des schriftlichen Verlangens an, jedoch nicht vor Ablauf der
Regelfristen nach Nr. 4 oder die an ihrer Stelle vereinbarten
Frist. Nach Abnahme der Mängelbeseitigungsleistung beginnt
für diese Leistung eine Verjährungsfrist von 2 Jahren
neu, die jedoch nicht vor Ablauf der Regelfrist nach Nr. 4
oder der an ihrer Stelle vereinbarten Frist endet.
Nach Vereinbarung der VOB/B führt ein schriftliches
Mängelbeseitigungsverlangen des Auftraggebers praktisch
zu einer Unterbrechung der Verjährung. Wird ein solches
Schreiben vom Auftraggeber vor Ablauf der 4jährigen Gewährleistungsfrist
verfasst und dem Auftragnehmer zugesandt, so ergibt sich eine
Verjährungsfrist von 4 + 2 Jahren. Die Verjährungsfrist
wird noch länger, wenn - wie üblich - unter Einbeziehung
der VOB/B hiervon abweichend eine 5jährige Gewährleistungsfrist
vereinbart wird.
Wird dagegen ein Bauvertrag ohne Einbeziehung der VOB/B geschlossen,
so ergibt sich diese Rechtsfolge nicht.
4. § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B (Verzug und Verzugszinssatz)
Ausweislich dieser Vorschrift wurde die Höhe des Verzugszinssatzes
an den gesetzlichen Zinssatz des § 288 BGB angepasst,
was durchaus zu befürworten ist.
Nach § 288 Abs. 1 BGB ist eine Geldschuld während
des Verzuges mit einem Verzugszinssatz von 5 % Punkten über
dem Basiszinssatz zu verzinsen. Zur Zeit beträgt der
Basiszinssatz 2,57 %, so dass sich ein Verzugszinssatz von
7,57 % ergibt.
Nach § 288 Abs. 2 BGB ist bei Rechtsgeschäften,
an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, ein Verzugszinssatz
von 8 % Punkten über dem Basiszinssatz anzusetzen.
Dieses macht unter Berücksichtigung des aktuellen Basiszinssatzes
von 2,57 % derzeit einen Zinsanspruch in Höhe von 10,57
% aus.
§ 288 Abs. 2 BGB bezieht sich im wesentlichen auf Fälle,
bei denen der Auftraggeber selbst gewerblich tätig ist.
5. § 17 Nr. 4 VOB/B (Ausschluss der Bürgschaft
auf erstes Anfordern)
Nach § 17 Nr. 4 Satz 3 VOB/B wird ausdrücklich
festgehalten, dass der Auftraggeber als Sicherheit keine Bürgschaft
fordern kann, die den Bürgen zur Zahlung auf erstes anfordern
verpflichtet.
Diese Änderung stellt eine Anpassung an höchstrichterliche
Rechtssprechung dar (BGHZ 136,27).
6. Sonstiges
Ins Gewicht fällt hier die Verlängerung der Gewährleistungsfrist
für Bauwerkleistungen auf 4 Jahre nach § 13 Nr.
4 VOB/B. Noch erheblicher ist jedoch, dass ausweislich §
13 Nr. 5 Abs. 1 Sätze 2, 3 VOB/B ein Aufforderungsschreiben
des Auftraggebers auf Beseitigung der Mängel praktisch
zu einer Unterbrechung der Verjährung von immerhin zwei
Jahren führt.
Dieses kann im Einzelfall zu einer Verlängerung der
Verjährungsfrist des § 13 Nr. 4 VOB/B um einen erheblichen
Zeitraum führen.
Zu befürworten ist, dass die Zinsregelungen dem §
288 BGB nach § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B angepasst wurde.
Ebenso ist es als positiv zu bewerten, wenn nach § 17
Nr. 4 VOB/B die Bürgschaft auf erstes Anfordern ausdrücklich
ausgeschlossen wurde. Hier handelt es sich zwar nur um eine
Umsetzung höchstrichterlicher Rechtssprechung. Bedauerlicherweise
ist es jedoch heute noch teilweise Praxis von Banken, Bürgschaftsformulare
auszustellen, die zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichten.
Sieht dieses der Auftragnehmer, so können unangenehme
Auseinandersetzungen mit dem Auftraggeber sowie der Bank die
Folge sein.
Nun sollte es ausreichend sein, wenn man § 17 Nr. 4
VOB/B der Bank vorlegt mit dem Hinweis, dass die Bürgschaft
nicht fällig auf erstes Anfordern auszustellen ist.
III.
Der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss hat in den Vorbemerkungen
zur "VOB 2002" ausdrücklich festgehalten, dass
die VOB/B auch nach in-Kraft-treten des Gesetzes zur Modernisierung
des Schuldrechts ein privilegiertes Regelwerk bleiben soll.
Dieses bedeutet, dass bei Vereinbarung der VOB/B insgesamt
das Klauselwerk für ausgewogen gehalten wird. Gegen die
Wirksamkeit einzelner Bestimmungen können dann keinerlei
Bedenken gegeben sein.
Es stellt sich aber die Frage, ob die VOB/B noch als ausgewogenes
Regelwerk angesehen werden kann.
Die Gewährleistungsfrist ist von zwei auf vier Jahre
verdoppelt worden. Letztlich Mängelrügen führen
zu einer Unterbrechung und damit neuen Fristablauf von zwei
Jahren. Eine entsprechende Regelung enthält das Bürgerliche
Gesetzbuch nicht.
Vereinbart man - wie üblich - unter Einbeziehung der
VOB/B eine 5jährige Gewährleistungsfrist, so führt
eine Mängelrüge des Auftraggebers kurz vor Ablauf
der Gewährleistung zu einer Frist von fast sieben Jahren.
Es ist gängige Praxis, dass gerade größere
Auftraggeber vor Ende der Gewährleistungszeit noch einmal
Begehungen durchführen und anschließend Mängelrügen
versenden. Bei Vereinbarung der VOB/B sind die hieraus sich
ergebenden Konsequenzen zur Gewährleistungsfrist für
den Auftragnehmer äußerst nachteilig.
Nach § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B schließt zudem die
vorbehaltslose Annahme der Schlusszahlung Nachforderungen
des Auftragnehmers aus, wenn er über die Schlusszahlung
schriftlich unterrichtet und auf die Ausschlusswirkung hingewiesen
worden ist. Eine entsprechende Vorschrift kennt das Bürgerliche
Gesetzbuch ebenfalls nicht.
Nach § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B wird dem Auftraggeber zudem
grundsätzlich eine Zahlungsfrist von 2 Monaten eingeräumt.
Nach § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB befindet sich der Auftraggeber
im Falle einer Nichtzahlung von einem Monat bereits in Verzug.
Allein diese Regelungen machen deutlich, dass die Vorbemerkungen
des DVA, wonach die VOB/B im Ganzen als ausgewogen anzusehen
seien, nicht kritiklos übernommen werden können.
Ebenso sollte auf Seiten der Bauunternehmer überlegt
werden, ob nicht darauf hinzuwirken ist, die VOB/B als Ganzes
bei Abschluss von Bauverträgen nicht mehr zu vereinbaren.
Der Gesetzgeber hatte im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung
die Möglichkeit, das Werkvertragsrecht nebst Einführung
ergänzender Bestimmungen zum Bauvertragsrecht sachgerecht
- auch im Sinne der Bauindustrie - zu ändern. Diese Chance
wurde jedoch verpasst. Letztlich hat man der Bauindustrie
hier "Steine statt Brot" gegeben.
Auch zur "VOB 2002" gilt grundsätzlich nichts
anderes. Letztlich war hier der DVA durch die Vorgaben des
Gesetzgebers im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung bereits
gebunden.
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