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Surfen am Arbeitsplatz - Ein Grund zur Kündigung?

Von Rechtsanwalt Matthias Steinfartz, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rostock

 

I.

Die Weichen stellt der Arbeitgeber selbst

II. Rechtsunsicherheit bei Fehlen einer Regelung zur Internetnutzungag
III. Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser
IV. Auf dem Fuße folgt die Buße
   

Die multimedialen Dienste des Internets haben am Arbeitsplatz Einzug gehalten. Ihre Unterstützung und Hilfe ist für viele Betriebe bei der Bewältigung des täglichen Aufgabenpensums nicht mehr weg zu denken. Neben den immensen Informationen die das Internet bereithält, können Mitarbeiter eines Unternehmens oder Konzerns ohne den Unterbrechungseffekt eines Telefonats oder lange Postwege e-mails versenden und Informationen austauschen und damit einen hohen Standard betrieblicher Kommunikation sichern. Die Vorteile bergen jedoch auch Nachteile in sich, denn leicht kommt der Arbeitnehmer in die Versuchung den Internetanschluss auch privat zu nutzen, sei es durch E-Mails an Freunde oder ausgiebiges Surfen im Internet. Deshalb stellt sich für den Arbeitgeber die Frage inwieweit er die Nutzung des Internets durch seinen Arbeitnehmer überwachen darf und welche Sanktionen er verhängen kann, sobald er einen Missbrauch festgestellt hat.

I. Die Weichen stellt der Arbeitgeber selbst

Die Grenzen für die Nutzung des Internets am Arbeitsplatz legt der Arbeitgeber selbst fest. So wie er den Arbeitsplatz seines Arbeitnehmers mit Telefon und Faxgerät ausstattet, kann er dem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit eines Internetzugangs mit E-Mailanschluss einräumen. Ihm steht es zu, nicht nur zu entscheiden, ob der Arbeitnehmer Zugang zum Internet hat, sondern auch wie er diesen nutzt. Sowohl im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung kann der Arbeitgeber die Nutzung der E-Mail oder des Internets auch für private Zwecke gestatten. Aus Sicht des Arbeitgebers ist eine solche Handlungsweise jedoch mit Vorsicht zu genießen, denn falls der Arbeitgeber diese Nutzung wieder untersagen will, bedarf er der Zustimmung des Arbeitnehmers bzw. einer neuen Betriebsvereinbarung. Soweit sich der Arbeitgeber dafür entscheiden sollte seinen Arbeitnehmern die private Nutzung des Internets und E-Mails zu gestatten, sollte er diese Leistung zumindest mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt versehen, damit er sich jederzeit von dieser Zusicherung auch wieder lösen kann. Doch selbst die ausdrückliche Erlaubnis das Internet privat zu nutzen, gibt dem Arbeitnehmer keinen Freibrief nach Lust und Laune während der Arbeitszeit im Internet zu surfen. Denn die Erlaubnis schließt nicht ein, dass dies auf Kosten der Arbeitszeit geschieht. So ist der Arbeitnehmer darauf beschränkt in den Pausen zu surfen oder die ausgefallene Zeit später an die reguläre Arbeitszeit anzuhängen. Das Arbeitsgericht Wesel hatte in diesem Zusammenhang über einen Fall zu entscheiden, in dem eine Arbeitnehmerin innerhalb eines Jahres 80 bis 100 Stunden ihrer Arbeitszeit zu Privatzwecken im Internet gesurft war. Der Arbeitgeber hatte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt. Das Gericht (Az: 5 CA 4021/00) stellte in seinem Urteil vom 21.03.2001 fest, dass diese private Nutzung des Internetzugangs noch nicht das Ausmaß erreicht hätte, daß für den Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar geworden sei. Nach dem Urteilsspruch der Richter hätte es statt einer fristlosen Kündigung einer vorherigen Abmahnung des Arbeitnehmers bedurft, insbesondere wenn vorher nicht die Nutzung des Internets zu privaten Zwecken ausdrücklich untersagt worden war. Diese Rechtsprechung schützt jedoch keinen Arbeitnehmer vor der fristlosen Kündigung, wenn er das Internet für rechtswidrige Zwecke nutzt. So wurde dem Leiter eines Kindergartens zulässigerweise ohne vorherige Abmahnung fristlos gekündigt, als sich herausstellte, dass er aus dem Internet Bilddateien mit Kinderpornographie heruntergeladen hatte (Arbeitsgericht Braunschweig Urteil vom 22.01.1999; Az: 3 CA 370/98). Auch muss eine fristlose Kündigung erlaubt sein, wenn der Arbeitgeber feststellt, dass sein Arbeitnehmer mittels E-Mails Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse preisgibt oder Dateien über neue Firmenprodukte an die Konkurrenz verkauft . Sollte sich der Arbeitgeber dazu entschließen dem Arbeitnehmer eine Erlaubnis zur privaten Nutzung einzuräumen, kann er diese natürlich auch beschränken, indem er beispielsweise Obergrenzen für zu transportierende Datenmengen festlegt, den Zugriff nur auf bestimmte Informationsseiten beschränkt oder beispielsweise ganz das Öffnen von Attachements bei E-mails verbietet.

II. Rechtsunsicherheit bei Fehlen einer Regelung zur Internetnutzung

Wie verhält man sich jedoch als Arbeitnehmer, wenn es im Betrieb keine ausdrückliche Regelung über die Nutzung des Internetzugangs gibt ? Ist in diesem Falle die private E-Mail an einen Mitarbeiter erlaubt oder muss sofort mit einer Abmahnung des Arbeitgebers gerechnet werden ? Auch ohne eine ausdrückliche Gestattung des Arbeitgebers kann sich eine solche aus den Umständen ergeben. Beispielsweise, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer neben der dienstlichen auch eine private E-Mailadresse zuordnet, oder wenn im Betrieb das private Telefonieren erlaubt ist. Zwingend ist der Schluss von dem privaten Telefonieren auf die private Internetnutzung jedoch nicht. Die Gefahren einer unzulässigen Nutzung des Internets, in dem man das firmeneigene Netz durch Öffnen von e-mails mit Viren infiziert, sind durchaus unangenehmer als ein ungenehmigtes Telefonat. Die Erlaubnis zur Nutzung des Internets kann sich schließlich aus einer betrieblichen Übung ergeben, wenn dem Arbeitgeber bekannt ist, dass seine Arbeitnehmer das Internet auch zu privaten Zwecken nutzen und er hiergegen über einen längeren Zeitraum nicht einschreitet. Das Entstehen einer solchen betrieblichen Übung setzt jedoch voraus, dass der Arbeitgeber mindestens ein halbes Jahr dieses Verhalten seiner Arbeitnehmer kennt und billigt.

III. Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser

Die ständig auf dem Markt anwachsende Zahl von Software, die es dem Arbeitgeber ermöglichen sollen seinen Arbeitnehmer bei der Internetnutzung zu kontrollieren, dokumentiert das Interesse, das in deutschen Chefetagen an einer solchen Kontrolle besteht. Soweit der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die private Nutzung des Internets und des E-Mail Verkehrs einräumt sind seine Kontrollmöglichkeiten erheblich eingeschränkt, so dass eine Überprüfung seines Arbeitnehmers faktisch ausscheidet. Der Arbeitgeber bewegt sich dann im Bereich des Telekommunikationsgesetz ( TKG ), das ihn zur Beachtung des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet. Weder darf er über Inhalte der e-mails noch über die äußeren Daten (Entgeltdaten, Verbindungsdaten) Protokolle anfertigen und den Arbeitnehmer überwachen lassen. Verletzungen des Fernmeldegeheimnisses des § 85 TKG lösen gem. § 823 II BGB Schadens- und Unterlassungsansprüche des Arbeitnehmers aus. Hinzu kommen strafrechtliche Sanktionen wie die Verletzung des Fernmeldegeheimnisses gem. § 206 StGB. Anders sieht dagegen das Instrumentarium des Arbeitgebers aus, wenn er dem Arbeitnehmer die private Nutzung des Internets untersagt hat. In diesem Fall findet das Telekommunikationsgesetz keine Anwendung, weil der Arbeitgeber keine Telekommunikationsdienstleistung an Dritte anbietet. Nur noch das Bundesdatenschutzgesetz und insbesondere das verfassungsrechtlich abgesicherte Persönlichkeitsrecht halten hier die schützende Hand über den Arbeitnehmer vor den Überwachungsmaßnahnmen seines Chefs. Ähnlich wie bei der Rechtsprechung zur Überwachung von Arbeitnehmern mit Kamera und Abhörgerät darf der Arbeitgeber auch bei der Internetnutzung den Arbeitnehmer nicht systematisch und ständig überwachen, weil er sonst das Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt. Dabei ist es bei klassischen Kommunikationsformen wie dem Brief für den Arbeitgeber noch relativ leicht, sich richtig zu verhalten. Soweit der Brief an das Unternehmen adressiert ist besteht, kann er den Brief öffnen. Etwas anderes gilt, wenn der Brief von vornherein mit dem Vermerk "persönlich vertraulich" gekennzeichnet ist. Bei Telefongesprächen selbst dienstlicher Natur steht dagegen das Recht am eigenen Wort des Mitarbeiters im Vordergrund. Jeder Erwerbstätige kann einschätzen, wie schnell im Rahmen eines dienstlichen Gesprächs zwischen zwei Mitarbeitern eine persönliche Bemerkung über einen Vorgesetzen fällt. Man möge sich vorstellen, welche Folgen dies bei einer ständigen Telefonüberwachung hätte. Nur bei überwiegenden schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers ist eine Kontrolle überhaupt zulässig. Besteht für den e-mail - Verkehr in der Firma eine einzige elektronische Firmenadresse, so ist die gesamte über diese Adresse abgewickelte Post in der Regel als betriebliche Korrespondenz zu werten. Der Arbeitgeber kann diese jederzeit einsehen. Verfügt der Mitarbeiter neben dieser Firmenadresse über eine persönliche Adresse, so kann nur in Ausnahmefällen und bei begründetem Verdacht der Arbeitgeber diese E-Mails einsehen, denn sonst droht ihm der Konflikt mit dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. So lässt sich resümieren, dass der Arbeitgeber selbst wenn er dem Arbeitnehmer die private Nutzung des Internets untersagte, nur bei begründeten Verdachtsmomenten Überwachungsmaßnahmen treffen darf. Daß diese Überlegungen nicht rein akademischer Natur sind, muß der Arbeitgeber im anschließenden Kündigungsschutzprozeß feststellen, wenn die von ihm vorgelegten Prüfprotokolle, die die unbefugte Nutzung belegen sollen, vom Gericht als unzulässig zurückgewiesen. Denn Beweise, die durch Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht erlangt wurden, dürfen nicht im Prozeß verwertet werden. Hier kann nur Abhilfe geschaffen werden, wenn der Arbeitnehmer schriftlich einwilligt, dass er sporadisch überprüft werden kann.

IV. Auf dem Fuße folgt die Buße

Wird die private Nutzung verboten und hält sich der Arbeitnehmer nicht daran, kann er abgemahnt und im Wiederholungsfall ordentlich gekündigt werden. Dagegen kommt bei der erlaubten Nutzung nur in Ausnahmefällen eine Kündigung in Betracht. Führt beispielsweise die maßlose Nutzung des Arbeitnehmers dazu, dass die Standleitung des Unternehmens zusammenbricht, oder werden mittels E-Mails andere Mitarbeiter sexuell belästigt , kann nach einer Abmahnung die Kündigung angezeigt sein. Dies gilt ebenfalls für Fälle, in denen trotz erlaubter Nutzung der Mitarbeiter das Internet für wettbewerbswidrige Handlungen genutzt hat, indem er sich im Firmennetz Zugang zu neuen Firmenprodukten verschafft hat. Auch Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber im Internet können eine Kündigung rechtfertigen. Der Arbeitgeber sollte jedoch in allen Fällen sorgfältig vor Ausspruch einer Kündigung prüfen, ob er den Missbrauch der Internutzung beweisen kann.

 

Erfahren Sie mehr über den Autor Rechtsanwalt Matthias Steinfartz.

 

 
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