Inhaltsverzeichnis
Die Berechnung des bereinigten Nettoeinkommens ist eine der
wesentlichen Grundlagen zur Berechnung des Unterhaltsanspruches
und hat in der Praxis erhebliche Bedeutung, z.B. bei der Frage
des Kindesunterhaltes in der Einordnung in die Düsseldorfer
Tabelle. Die nachfolgenden Grundsätze gelten sowohl für
die Einkommensermittlung für Unterhaltsverpflichtete,
als auch für die Einkommensermittlung Unterhaltsberechtigter.
An den nachfolgenden Prinzipien der Einkommensermittlung ändert
auch grundsätzlich die Art des Unterhaltsanspruches nichts.
Die Feststellung der tatsächlichen Höhe der vorhandenen
Einkünfte erfolgt somit immer nach dem gleichen Schema.
Die Berechnung des bereinigten Nettoeinkommens im Unterhaltsrecht
unterscheidet sich oft auch erheblich vom steuerrechtlich
relevanten Einkommen, da das Steuerrecht Abzugsposten enthält,
welche im Unterhaltsrecht nicht hingenommen werden.
Unterhaltspflichtiges Einkommen ist grundsätzlich das
Bruttoeinkommen, vermindert um die gesetzlichen Abzüge
für Sozialabgaben und Steuern und sogenannte berufsbedingte
Aufwendungen. In der Regel ist als Berechnungsgrundlage auf
einen Ein-Jahres-Zeitraum abzustellen, wobei der Praxis grundsätzlich
auf das zuletzt abgelaufene Kalenderjahr abgestellt wird,
da sich hier das Jahreseinkommen in der Regel leicht aus den
Gehaltsabrechnungen für Dezember bzw. der Lohnsteuerkarte
ablesen lässt. Zum Teil wird auch auf die letzten 12
Monate vor Geltendmachung des Unterhaltsanspruches zurück
gegriffen, um unbillige Ergebnisse zu vermeiden, insbesondere
dann, wenn durch Veränderungen der Einkommensverhältnisse
ein falsches Bild über die Einkommenssituation geschaffen
würde.
I. Bruttoeinkommen
Zu den Einkünften gehören alle in § 2 EstG
genannten Einkunftsarten, d.h. solche aus nichtselbständiger
und selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft,
Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung, Renten-
und Abgeordnetenbezügen.
Als Einkünfte im unterhaltsrechtlichen Sinne zählen
auch Sozialleistungen, die eine Lohnersatzfunktion haben,
mithin anstelle des ausgefallenen Lohnes treten. Dies sind
beispielsweise Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe (idR aber
nur beim Unterhalsverpflichteten), Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall,
Krankengeld, Renten etc.
Als Einkünfte zählen auch Einkünfte aus Vermögen,
d.h. die Erträge des Vermögens. Als solche kommen
in Betracht Zinsen, Diskonterträge bei Wechselgeschäften,
Ausschüttungen von Investmentfonds, Gewinnanteile aus
Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, Dividenden und Einkünfte
aus Wertpapiergeschäften. Auch hier sind im übrigen
nur die Nettoerträge zu berücksichtigen. Die Ermittlung
erfolgt nach dem Einkommensteuergesetz in Form einer Überschussrechnung
durch Abzug der Werbungskosten und Berücksichtigung der
steuerlichen Belastungen.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind ebenfalls
als Einkommen zu berücksichtigen. Die Ermittlung erfolgt
wie bei den Zinseinkünften durch Abzug der gesetzlichen
Belastungen und der Werbungskosten von den Bruttoeinnahmen,
wobei grundsätzlich ein Drei-Jahres-Zeitraum zugrunde
gelegt wird. Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
gehören auch die Erträgnisse. Zu Mieteinnahmen zählen
Miet- und Pachtzinsen einschließlich der Verbrauchsnebenkosten.
Auch die Möglichkeit mietfrei bzw. kostengünstiger
zu wohnen stellt einen geldwerten Vorteil dar, der auf der
Einnahmeseite zu berücksichtigen ist.
Neben dem Gehalt gehören hierzu auch Sonderzuwendungen,
Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse, Sachbezüge und
sonstige Nebeneinnahmen. Auch die folgenden Zuwendungen wurden
grundsätzlich als Einkommensbestandteile anerkannt und
sind zum Jahresgehalt zu addieren:
Zulagen für Sonntags-, Feiertags-, Nach- und Schichtarbeit,
soweit diese im geringen Umfang anfallen und dazu dienen,
berufstypische Belastungen auszugleichen.
- Gratifikationen und Prämien, soweit sie als zusätzliches
Entgelt geleistet werden.
- Kilometergeld, soweit es den konkreten Aufwendungsersatz
übersteigt.
- Fahrtkostenzuschüsse des Arbeitgebers.
- Ortszuschläge, auch kindsbezogene Bestandteile der
Dienst- und Versorgungsbezüge.
- Spesen, soweit sie nicht durch einen konkreten Mehrbedarf
aufgezehrt werden.
- Sparzulagen (wobei vermögenswirksame Leistungen
einkommensmindernd zu berücksichtigen sind).
- Trinkgelder, Überstundenvergütungen, sofern
sie in geringem Maße anfallen und berufstypisch sind.
- Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, 13. und 14. Monatsgehalt,
hier sind sowohl die Zahlungen, als auch die Steuern und
Abgaben aufs Jahr umzurechnen.
- Sachbezüge, z.B. freies oder verbilligtes Essen,
Wohnen, private Nutzung eines Firmen- oder Dienstwagens
oder eines Firmentelefons, Freifahrten, Freiflüge,
Jahreswagenvorteile etc.
Nicht zu berücksichtigen sind in der Regel Sozialhilfe,
Kindergeld, Arbeitnehmersparzulagen, freiwillige Leistungen
Dritter.
II. Abzüge, Ermittlung des Nettoeinkommens
1. Steuern
Abzuziehen sind Einkommens- und Kirchensteuer, sowie der
Solidaritätszuschlag.
Grundsätzlich ist die tatsächlich gezahlte Steuer
anhand der Einkommensnachweise für die zurückliegenden
12 Monate bzw. für das abgelaufene Kalenderjahr einfach
zu berechnen. Andererseits kommt es häufiger vor, dass
Lohnsteuerklassen gewechselt werden, so dass sich beispielsweise
das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten erheblich mindern
kann. Hierbei ist zwar grundsätzlich zu berücksichtigen,
dass die Lohnsteuerklasse ja lediglich die Höhe der Vorauszahlungen
betrifft und die Einkommensteuer unabhängig von der Lohnsteuerklasse
gleich bleibt. Dennoch ändert sich bei einem Wechsel
der Lohnsteuerklassen das aktuell zur Verfügung stehende
unterhaltsrechtlich relevante Einkommen erheblich. Grundsätzlich
ist der Unterhalt mit dem aktuellen Einkommen zu berechnen,
so dass insbesondere bei einem Wechsel der Lohnsteuerklassen
grundsätzlich auf die aktuelle Steuerbelastung abzustellen
wäre, nicht auf die der Vergangenheit. Allerdings ist
eine solche fiktive Steuerberechnung mit erheblichen Unsicherheiten
verbunden. Zur Vermeidung derartiger Unsicherheiten empfiehlt
es sich dann vom jeweiligen Arbeitgeber eine Verdienstvorausbescheinigung
für das laufende Kalenderjahr beizubringen, aus welcher
sich Brutto- und Nettoeinkommen unter Berücksichtigung
etwaiger Lohnerhöhungen, geänderter Steuerklassen
etc. ergeben.
Steuererstattungen bzw. Steuernachzahlungen sind erst dann
zu berücksichtigen, wenn sie sich effektiv beim Betreffenden
ausgewirkt haben. Dies bedeutet sowohl für Steuernachzahlungen,
als auch für Steuerrückzahlungen, dass sie erst
im Jahre ihrer Entstehung das Einkommen erhöhen oder
vermindern. Hat es daher in dem abgelaufenen Kalenderjahr
bzw. den zurückliegenden 12 Monaten eine Steuererstattung
bzw. eine Steuernachzahlung gegeben, so wird diese berücksichtigt.
2. Versorgeaufwendungen
Abzuziehen vom Einkommen sind grundsätzlich die Arbeitnehmerbeiträge
für Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung,
berufsständige Versorgungen und Lebensversicherungen
bei Selbstständigen. Besteht keine Sozialversicherungspflicht,
gilt dies parallel für Beiträge der privaten Versicherungen,
soweit diese notwendig und angemessen sind. Lebensversicherungen
gehören zu den notwendigen Vorsorgemaßnahmen, wenn
kein gesetzlicher Versicherungsschutz besteht, die Aufwendungen
nicht primär der Vermögensbildung dienen und die
Altervorsorge nicht anderweitig gesichert ist. Kapitalversicherungen
sind in der Regel nicht notwendige Vorsorgeaufwendungen und
werden als Vermögensbildungsmaßnahmen unterhaltsrechtlich
häufig nicht berücksichtigt. Freiwillige Unfall-,
Hausrat- und sonstige Haftpflichtversicherungen gehören
grundsätzlich wegen ihrer geringen Höhe zum privaten
Lebensbedarf, ebenso wie Beiträge für eine Rechtsschutzversicherung
und sind daher grundsätzlich auch nicht einkommensmindernd
zu berücksichtigen.
Das so ermittelte Nettoeinkommen wird durch 12 geteilt.
III. Vom monatlichen Nettoeinkommen
abzuziehende Aufwendungen
1. Berufsbedingte Aufwendungen
Vgl. zunächst Hinweis in der Düsseldorfer Tabelle
Hierein gehören unter Umständen auch die Kosten doppelter
Haushaltsführung, Fachliteratur, welche nicht dienstlich zur
Verfügung gestellt wird, notwendige Fahrtkosten, soweit sie
nicht erstattet werden, Kinderbetreuungskosten.
2. Berücksichtigung von Verbindlichkeiten
Die unterhaltsrechtliche Berücksichtigung von Verbindlichkeiten
des Verpflichteten erfordert eine umfassende Interessenabwägung,
wobei insbesondere auf den Zweck, Zeitpunkt, Art der Schuldbegründung,
die Kenntnis von der Unterhaltsverpflichtung und andere relevante
Umstände ankommt. Hier ist eine umfassende Abwägung vorzunehmen,
die aber den hiesigen rahmen sprengen würde, zumal die Berücksichtigung
von Verbindlichkeiten unterschiedlich erfolgt, je nachdem
ob minderjährige, volljährige Kinder oder Ehegatten bzw. nichteheliche
Partner betroffen sind.
IV. Unterhalt bei nichtehelicher
Lebensgemeinschaft und
nichtehelichen
Kindern
Unterhalt bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft und nichtehelichen
Kindern
Das neue Kindesunterhaltsgesetz hat im wesentlichen die
Unterscheide zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern
beseitigt, sowohl im erbrechtlichen, als auch im unterhaltsrechtlichen
Bereich. Es gilt daher das oben gesagte.
Lediglich der Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Partner
unterscheidet sich noch sehr von dem verheirateter Partner.
Ohne gemeinsame Kinder bestehen zwischen Partnern nichtehelicher
Lebensgemeinschaften Unterhaltsansprüche grundsätzlich
nicht. Ist ein gemeinsames Kind vorhanden, so hat das neue
Kindschaftsrecht hier auch die Stellung nichtehelicher Mütter
verbessert. Diese haben für die Dauer von 6 Wochen vor
und acht Wochen nach der Geburt des Kindes eigene Unterhaltsansprüche
gegen den Vater, welche auch z.B. Entbindungskosten umfassen.
Kann die Mutter anschließend nach der Geburt aufgrund
der erforderlichen Betreuung und Pflege des Kindes keiner
Beruftätigkeit nachgehen und kann dies nach den Umständen
des Einzelfalles von ihr auch nicht erwartet werden, dann
verlängert sich der Unterhaltsanspruch der Mutter auf
einen Zeitraum von bis zu vier Monaten vor und drei Jahren
nach der Geburt. Darüber hinausgehende Unterhaltsansprüche
der Mutter sind in Ausnahmefällen möglich.
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