1. Ausgangspunkt: Gesetzeslage bei Altlasten seit dem
1.3.99
Mit dem am 1. März 1999 in Kraft getretenen Bundesbodenschutzgesetz
(BBodSchG) und der am 1.7.99 darauf folgenden Bundesbodenschutzverordnung
(BBodSchV) ist nunmehr neben den Elementen Wasser und Luft
auch das Medium Boden auf Bundesebene gesetzlich geschützt.
Ein Schwerpunkt des neuen Bodenschutzrechtes bildet die Behandlung
von Altlasten, für die erstmals einheitliche Instrumentarien
zur Erfassung, Untersuchung und Sanierung altlastenverdächtiger
Flächen angeboten werden.
Das Gesetz enthält in § 4 III BBodSchG außerdem einen Katalog
von Sanierungsverantwortlichen, der über bisheriges Recht
teilweise weit hinausgeht. Das Gesetz bringt für Eigentümer,
Besitzer, Erwerber und Veräußerer schadstoffbelasteter Grundstücke
sowie für Gesellschafter juristischer Personen, denen Grundstücke
mit schädlichen Bodenveränderungen gehören, eine Reihe von
Neuerungen und damit verbundene erhebliche Haftungsrisiken
mit sich.
2. Pflichten nach § 4 III BBodSchG.
Das neue Gesetz definiert den Kreis der Sanierungsverantwortlichen
bei schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten abschließend
wie folgt:
- der Verursacher sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger,
- der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen
Gewalt über das Grundstück,
- der frühere Eigentümer eines Grundstücks, soweit er sein
Eigentum nach dem 1.3.99 auf den Erwerber übertragen hat,
- derjenige, welcher aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem
Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat,
welcher ein schadstoffbelastetes Grundstück gehört.
Zwischen mehreren Verantwortlichen besteht ein Ausgleichsanspruch,
nach dem z.B. der Grundstückseigentümer den von der Behörde
nicht herangezogenen Verursacher wegen der entstandenen Untersuchungs
-und Sanierungskosten in Anspruch nehmen kann. Umgekehrt
kann der Verursacher seine Kosten nicht auf den Eigentümer
abwälzen.
Sanierungsverantwortlich ist u.a. der im Grundbuch eingetragene
Grundstückseigentümer.
Problematisch ist die Neuregelung des § 4 VI BBodSchG zur
Heranziehung des ehemaligen Grundstückseigentümers. Hierzu
nennt das Gesetz folgende Voraussetzungen , die erfüllt sein
müssen:
- Übertragung des kontaminierten Eigentums durch den ehemaligen
Eigentümer auf den neuen nach dem 1.3.99
- Positive) Kenntnis des ehemaligen Grundstückeigentümers
von den schädlichen Bodenveränderungen oder Altlasten. Darunter
wird auch das "Kennenmüssen" sowie eine fahrlässige Unkenntnis
über den Zustand des Bodens verstanden.
- Blindes Vertrauen des Voreigentümers beim Erwerb des veräußerten
kontaminierten Grundstücks. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts soll der Veräußerer dann nicht
schutzwürdig sein, wenn er z.B. vorhandene Anhaltspunkte
über eine Kontaminierung ignoriert und sich nicht um eine
Aufklärung bemüht hat.
Aufgrund dieser Haftungssituation werden sowohl Verkäufer
als auch Erwerber eines Grundstücks versuchen , sich vertraglich
dahingehend abzusichern, dass im Falle der behördlichen Inanspruchnahme
der Käufer den Verkäufer von allen Aufwendungen im Zusammenhang
mit Untersuchungs -und Sanierungsanforderungen hinsichtlich
der schädlichen Bodenveränderungen bzw. Altlasten freistellt.
Daraus ergibt sich ein
3. Allgemeiner Regelungsbedarf und eine Festlegung der
zu regelnden Inhalte bei Altlasten im Zusammenhang mit Grundstückskaufverträgen.
Ein mit Altlasten oder schädlichen Bodenveränderungen behaftetes
Grundstück wies schon vor dem Inkrafttreten des neuen Bodenrechts
einen Sachmangel oder Fehler im Sinne von § 459 I BGB auf,
aufgrund dessen Wandelung oder Minderung gem. § 462 f. BGB
verlangt werden konnte. Allerdings verjährt dieser Anspruch
bereits ein Jahr ab Grundstücksübergabe, es sei denn, der
Verkäufer hatte den Mangel arglistig verschwiegen. Dann beträgt
die Verjährungsfrist 30 Jahre.
Daran hat sich nichts geändert.
Bevor jedoch Ansprüche dieser Art erhoben werden können,
müssen die Begriffe "Altlasten" und "Altlastenverdacht" für
beide Vertragsparteien klar definiert sein.
4. Altlasten und schädliche Bodenveränderungen
Die Begriffe "Altlasten" und "schädliche Bodenveränderungen"
sind in § 2 Abs. V und der Begriff "Altlastenverdacht" §
2 Abs. VI, V BBodSchG nunmehr bundeseinheitlich definiert.
Ergänzend sind zur Konkretisierung dieser Definitionen im
Grundstückskaufvertrag die Vorgaben im BBodSchG zu den sog.
Prüf-und Maßnahmewerten heranzuziehen. Diese Vorgaben sind
im wesentlichen nunmehr in der BBodSchV. umgesetzt.
Prüfwerte sind danach Werte, bei deren Überschreiten unter
Berücksichtigung der Bodennutzung eine einzelfallbezogene
Prüfung durchzuführen und festzustellen ist, ob eine schädliche
Bodenveränderung oder Altlast vorliegt.
Ist der Prüfwert erreicht, hat die Behörde durch Untersuchungsmaßnahmen
festzustellen, ob tatsächlich eine sanierungsbedürftige schädliche
Bodenveränderung oder Altlast vorliegt. Bei Nichterreichen
der Prüfwerte im Einzelfall kann der Investor in der Regel
darauf vertrauen, von der Behörde künftig nicht zu Sanierungsmaßnahmen
herangezogen zu werden. Selbst bei Überschreiten der Prüfwerte
kann jedoch ein Altlastenverdacht unter bestimmten Konstellationen
der Bodenart, der Grundstücksnutzung und der Schadstoffmobilität
verneint werden.
5. Vertragliche Konsequenzen
Diese durch das neue Bodenschutzrecht geschaffene Rechtslage
sollte bei vertraglichen Vereinbarungen die Interessenlage
des ehemaligen Grundstückseigentümers, des Veräußerers und
jetzigen Grundstückseigentümers sowie des Erwerbers durch
entsprechende Formulierungen berücksichtigen.
Je nachdem, aus welcher Sicht der Vertrag gestaltet wird,
bieten sich hierfür unter Berücksichtigung der Verantwortlichkeiten
in § 4 III , VI BBodSchG praktische Vertragsgestaltungen an.
Hinzuweisen wäre in diesem Zusammenhang noch auf die Wertausgleichspflicht
nach § 25 BBodSchG, die ein Grundstückseigentümer zu leisten
hat, wenn sein Grundstück eine nicht nur unwesentliche Wertsteigerung
dadurch erfährt, dass es mit öffentlichen Mitteln saniert
worden ist. Der Wertausgleich wird nach § 25 II BBodSchG ermittelt
und der Ausgleichsbetrag ruht als öffentliche Last auf dem
Grundstück. Sie wird auch ohne Eintragung in das Grundbuch
wirksam. Für den Käufer und seinen Finanzierungsgläubiger
hat die Kenntnis über die Existenz eines öffentlichen Wertausgleichs
schon deshalb gravierende Konsequenzen, weil der Verkehrswert
eines Grundstücks dadurch leicht abgeschöpft werden kann.
Der potenzielle Käufer eines Grundstücks sollte deshalb genau
prüfen oder sich vom Verkäufer vertraglich zusichern lassen,
ob und inwieweit Kosten für Sanierungsmaßnahmen durch die
öffentliche Hand bereits beglichen sind.
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