Bringen Karriere-Veranstaltungen für Juristen wirklich etwas oder ist die aufgewandte Zeit anders sinnvoller investiert? Wir wollten es wissen und haben bei der JURAcon, die Ende Mai 2001 in Frankfurt stattfand, die "Probe aufs Exempel" gemacht. Online-Bewerbung / -AnmeldungZur Vorbereitung der JURAcon bietet der Veranstalter, die IQB Career Services AG, ein Karriere-Portal im Internet an. Dort besteht die Möglichkeit, Angaben zu seinem Lebenslauf einzutragen. Diese Daten werden an die teilnehmenden Kanzleien weitergeleitet, so dass schon im Vorfeld Gesprächstermine für die Messe abgestimmt werden können. Anfang Mai haben wir auf der Seite der Veranstalter zwei unterschiedliche Profile ins Internet eingestellt: - Einen Bewerber mit einem Prädikatsexamen, Berufserfahrung und Kenntnissen im Bereich Wirtschaft
- sowie eine Bewerberin mit Examen im befriedigenden Bereich und kaufmännischer Ausbildung.
Gegenstand der Bewerbungen waren Stellen für die Anwalts- und/oder Wahlstation. Die Eingabe funktionierte zwar etwas hakelig und langsam, aber alles in allem recht zufriedenstellend. Gut war die Möglichkeit selbst auswählen zu können, welche Kanzlei die Angaben erhalten sollte. Nachträgliche Änderungen der Anwesenheitszeit auf der Veranstaltung konnten nicht ohne weiteres eingetragen werden. TerminplanungÜberraschend unterschiedlich war die Reaktion der Kanzleien auf die beiden "Bewerbungen": Während keine der Kanzleien mit der Bewerberin einen Gesprächstermin vereinbaren wollte, füllte sich der virtuelle Terminkalender des Bewerbers in der letzten Woche vor der Veranstaltung mit Anfragen. Die Anfragen mussten bestätigt werden, erst dann kam ein Gesprächstermin zustande. Das ist an sich eine gute Idee. Allerdings haben wir den Sinn nicht verstanden, da Termine nicht abgelehnt werden können und die Zeit ohnehin blockiert bleibt. Insgesamt wurden von dem Bewerber elf Gesprächstermine vereinbart - weitere Anfragen konnten aus Zeitgründen nicht wahrgenommen werden. KO-Kriterium kein Prädikatsexamen?Die unterschiedlichen Reaktionen auf unsere Bewerbungen dürften in den unterschiedlichen Examensnoten gelegen haben. Nach Auskunft von Stephen-O. Nündel, beim Veranstalter für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, waren über 30% der eingegangenen Bewerbungen solche mit Prädikatsexamina - da fällt das "Sieben" leicht. Sofern wir einen Blick auf die von den Kanzleien ausgedruckten Profile werfen konnten, waren auch stets die Examensnote(n) angemarkert. VeranstaltungIm Saal "Harmonie" des Kongress-Zentrums der Messe Frankfurt hatten die insgesamt 30 Kanzleien Ihre Standfläche von 10 bzw. 24 qm mit teilweise recht aufwändigen Ständen bebaut. Meist waren mehrere Kanzleivertreter anwesend. Die "Qualität" der Gespräche war indes nicht immer so gut wie die der Hochglanz-Broschüren und Multimedia-CDs. Herauszuheben sind hier die deutschen Ableger der Kanzleien Mayer, Brown & Platt und Norton Rose (beide in Deutschland vertreten durch ehemalige Büros von Gaedertz) sowie die Hamburger Kanzlei Esche Schürmann Commichau. Hier wurden jeweils Gespräche mit zwei (!) Partnern geführt, die auch Details aus dem Bewerberprofil parat hatten. So ergaben sich interessante Gespräche, Fragen wurden kompetent beantwortet und es konnte direkt über konkrete Möglichkeiten und Termine gesprochen werden. Die meisten Kanzleien waren allerdings weniger gut repräsentiert. Die Mitarbeiter waren - trotz Terminbestätigung - offensichtlich nicht auf den Gesprächstermin vorbereitet oder selbst erst kurz in der Kanzlei. Für einige allgemeine Auskünfte - die auch in den meisten Zeitschriften stehen - reichte das, für konkrete Informationen oder gar Zusagen aber nicht. Hier hätte das Geld, dass die Kanzleien für ihre Teilnahme an der JURAcon und die Nutzung der Datenbank bezahlt hatten, sicher sinnvoller genutzt werden können.
Obwohl alle Kanzleien einen abgeteilten Besprechungsbereich hatten, wurde dieser nach unseren Beobachtungen kaum genutzt - daher wurden die Gespräche mitten "in der Menge" geführt, für Bewerbungsgespräche vielleicht nicht unbedingt der richtige Ort. Nur Herr Mielke von Raupach & Wollert-Elmendorff führte seine Gesprächspartner geduldig ins Separée.
Positiv ist uns aufgefallen, dass auf dem Stand von Wessing alle Gesprächspartner fotografiert wurden und diese Fotos auf ein während des Gesprächs ausgefülltes Formular mit Basisdaten des Bewerbers aufgeklebt wurde. Außerdem fanden wir den Espresso, der bei Gleiss Lutz Hootz Hirsch angeboten wurde, sehr wohltuend.
Insgesamt waren die meisten Kanzleien sehr darauf bedacht, sich "ins rechte Bild" zu rücken und sich zu "verkaufen". Für die konkrete Situation des Gegenübers hatten nur wenige der Gesprächspartner einen Blick. Herauszuheben sind hier Dr. Hilgard von Meyer, Brown & Platt und Dr. Nauheim von BBLP Beiten Burkhardt Mittl & Wegener, die differenziert argumentieren konnten und Tipps gaben. Vorbereitung für MessebesucherWer eine Karriere-Veranstaltung besucht, sollte sich auf die einzelnen Gespräche vorbereiten. Eine kurze Liste mit Angaben zur Zahl der Mitarbeiter, dem Verhältnis von angestellten Anwälten zu Partnern (leverage ratio), den Standorten, Spezialgebieten und der Zielgruppe der Kanzlei hat sich als sinnvoll erwiesen. Allerdings lösten Fragen wie "Steht durch Ihre Fusion zu erwarten, dass die leverage ratio sinkt?" oder Fragen nach der Kanzleipositionierung im Anwaltsmarkt teilweise auch ein etwas verlegenes Herumdrucksen aus. Gut angekommen ist übrigens die vorbereitete (knappe) Bewerbungsmappe mit Lebenslauf und Zeugniskopien - so fällt auch der Einstieg ins Gespräch leichter. ResonanzDie Nachbereitung der Veranstaltung und der Kontakte durch die Kanzleien wirkt zum Teil sehr unprofessionell. Schnell reagiert hat Mayer, Brown & Platt - Gaedertz, in dem sie die noch auf der Messe erteilte Zusage am nächsten Tag schriftlich bestätigten. Auch von Gleiss Lutz Hootz Hirsch und Hölters & Elsing kamen nach kurzer Zeit konkrete Zusagen. CMS Hasche Sigle Eschenlohr Peltzer Schäfer hat nach etwa einer Woche für den gewünschten Standort abgesagt, aber angeboten, die Bewerbung - sofern Interesse besteht - an andere Standorte weiterzuleiten. Von einer Reihe von Kanzleien kamen Einladungen zu einem weiteren persönlichen Gespräch (Esche Schürmann Commichau, Freshfields, Morgan, Lewis & Bockius LLP) - was eigentlich verwundert, da ja bereits auf der JURAcon ein Termin vereinbart war. Die Wertschätzung, die einige Kanzleien ihrem Nachwuchs beimessen, ist sehr unterschiedlich. Ein besonders aussagekräftiges Beispiel ist in diesem Zusammenhang der (erneute) Vorstellungstermin bei Freshfields in Frankfurt. Bei diesem Gespräch hatte der Zuständige weder die Bewerbungsmappe vorliegen noch kannte er irgendwelche Details aus dem Lebenslauf. Auch wusste er nicht, um welche Stationen und um welchen Zeitraum es ging - überflüssig zu sagen, dass er auch nicht im Vorfeld geklärt hatte, ob für die gewünschte Station im Ausland eine Beschäftigungsmöglichkeit besteht. Arroganz pur. Eine Reihe von Kanzleien hat sich bis zum 29. Juni (dem Datum dieses Berichtes) - über einen Monat später also - gar nicht gemeldet, weder zu- noch abgesagt: so Raupach & Wollert-Elmendorff, Norton Rose Vieregge und Wessing. FazitDie Chancen, die eine Karriere-Messe - besonders mit der Möglichkeit, im Vorfeld Lebensläufe auszutauschen und Termine zu vereinbaren - bietet, hat kaum eine Kanzlei voll ausgeschöpft. Besonders in der Vor- und Nachbereitung der Gesprächstermine lässt sich einiges verbessern. Um ein paar Informationen über die Kanzleien einzusammeln und einmal mit jemandem aus einer Großkanzlei zu sprechen, ist die JURAcon der richtige Ort. Wer das Gespräch mit dem Verantwortlichen sucht und Zusagen möchte, ist hier nur bedingt richtig - hier ist der "klassische Weg" unter Umständen doch geeigneter. Die 10 DM Eintritt (Besucher ohne Gesprächstermine DM 20) und die Fahrtkosten haben sich aber trotzdem gelohnt - schon weil Frankfurt immer eine Reise wert ist. Die nächsten Termine der JURAcon:
- Köln 24.
Oktober 2001
- Berlin 28. November 2001
- Hamburg 05. Dezember 2001
Infos unter http://www.iqb.de
zurück zur Übersicht
|